Istanbul - eine Hand an der Hupe,

die andere am Rosenkranz

Eine Reise nach Asien gefällig? Zu teuer? Stimmt nicht. Für umgerechnet 60 Pfennige kommt man mit dem Schiff von Europa nach Asien. Einen Haken hat die Sache allerdings. Man muss zuerst nach Istanbul. Aber auch das ist weder schwer noch teuer.

Gerade auf dem Gebiet der Städtereisen ist in den Reisebüros in der kalten Jahreszeit einiges sehr preiswert, und so müssen vier Übernachtungen in der Metropole am Bosporus, der Grenze zwischen Europa und Asien, inklusive Flug und Ausflugsprogramm nicht mehr als 400 Mark kosten. Freilich, in Sachen Wetter muss man wohl zumeist einige Abstriche machen, wenn man die Wintermonate als Reisezeitraum wählt, andererseits sind die vielen Sehenswürdigkeiten in der heimlichen Hauptstadt der Türkei in jeder Jahreszeit attraktiv.

Der Flug als Anreise ist unbedingt zu empfehlen. Denn selbst, wenn man es mit dem Auto geschafft hat, nach Istanbul zu gelangen, dürfte man spätestens im immerwährenden Verkehrschaos verzweifeln. Das wichtigste Utensil am Auto ist die Hupe, allerdings bleiben die Kraftfahrer auch im dicksten Stau gelassen. Hupen gehört wie der sich ständig in der Hand bewegende Rosenkranz einfach dazu. Wer auf ein Abenteuer aus ist, kann sich eine der ca. 25 000 Taxen herbei winken und sich recht preiswert durch die Stadt fahren lassen. Will man auf diese Art zu einem speziellen Punkt, sollte man in jedem Fall einen Stadtplan dabei haben – in Istanbul kennen sich noch nicht einmal die Taxifahrer aus.

Befindet man sich jedoch einmal heil in der Altstadt, hat man die größten Attraktionen fast auf einem Fleck. Ob es die "Blaue Moschee" ist, deren Name von den im Inneren benutzten blauen Wandfliesen stammt, oder die als orthodoxe Kirche erbaute "Hagia Sophia", die dann als Moschee genutzt und später zum Museum umgebaut wurde – hier kann man eintauchen in ein fremdes Reich. Während die "Hagia Sophia" nur noch den Touristen gehört, wird die "Blaue Moschee", die eigentlich "Sultan Ahmed-Moschee" heißt, nach wie vor täglich für Gottesdienste genutzt. Deshalb muss man hier, wie in allen anderen Moscheen auch, die Schuhe ausziehen. Von den im Winter schnell kalt werdenden Füßen sollte man sich nicht stören lassen, sondern sich Zeit nehmen, um die architektonische Meisterleistung zu genießen. Die Bogenbauweise übrigens sorgt – in Verbindung mit einer speziellen Fundamentbauweise – für eine große Erdbebensicherheit der Moscheen. Von außen ist die "Blaue" übrigens aus allen Himmelsrichtungen leicht zu erkennen, sie ist die einzige Moschee mit sechs Minaretten.

Einen ausgiebigen Besuch wert ist auch der "Topkapi-Palast", in dem einst die Sultane lebten und regierten, bis sie in den direkt am Bosporus liegenden "Dolmabahce-Palast" umzogen. Letzterer schreckt allerdings mit horrenden Eintrittspreisen die meisten Touristen ab. Im "Topkapi-Palast" findet man unter anderem eine beeindruckende Porzellansammlung, eine Waffenausstellung und die Schatzkammern sowie den Harem, der einst bis zu 400 Frauen beherbergte (Kein Wunder, dass es heute kaum noch Sultane gibt, das hält ja kein Mensch aus). Vom dritten Innenhof, der mit seinen Gebäuden und Parkanlagen einst nur dem Sultan und wenigen Auserwählten vorbehalten war, hat man einen herrlichen Ausblick über das Meer und die Stadt.

"Liebesgrüße aus Moskau" ist der Titel eines James-Bond-Filmes. Einen Schauplatz dieses Streifens, die "Yereban-Zisterne" findet man in Istanbul. 336 Säulen werden hier, untermalt von ruhiger Musik, farbig angestrahlt, so dass der Besucher eintauchen kann in die Vergangenheit, als hier Trinkwasser für die Istanbuler gesammelt wurde. 140 mal 70 Meter groß, fasste die Zisterne 80 000 Kubikmeter Wasser. Noch heute schwimmen Fische hier, deren Artgenossen früher durch ihr Ableben die Beobachter informierten, dass mit dem Wasser etwas nicht stimmen konnte. Bis vor einigen Jahren konnte Touristen, nur mit einer Laterne bestückt, noch durch das unterirdische Reich rudern, heute wird man über Stege geführt.

Eine 500-jährige Geschichte hat auch der "Gedeckte Basar". Wenn man durch eines der 16 Tore in die orientalische Wunderwelt eintritt, die die 3000 Geschäfte mit Unmengen von Gold, Silber, Leder und Souvenirs aller Art bilden, dann verschlägt es einem die Sprache. Bleibt man an einem laden stehen, um sich etwas genauer anzuschauen, dann ist man schnell in ein Gespräch verwickelt und wird, je nach Wert der ausgesuchten Ware, zu einem Glas Tee eingeladen. Dann fällt es schwer, sich dem Handeln zu entziehen, allerdings ist es einfach als beispielsweise in Tunesien, das Geschäft auch ohne Kauf wieder zu verlassen und trotzdem noch freundlich behandelt zu werden. Wenn man möchte, kann man hier "garantiert originale" Bundesliga-T-Shirts für zehn Mark kaufen, ebenso wie auf den Straßen rund um den Basar "echte Rolex-Uhren" für zwanzig Mark oder Markenparfüms wie Chanel No. 5 angeboten werden, deren Preis bei hartnäckiger Ablehnung schnell von 60 auf fünf Mark sinkt, und das dennoch nichts weiter ist als zart duftendes Istanbuler Wasser.

Bei nur zwei Brücken über den an seiner engsten Stelle 670 Meter breiten Bosporus weiß man, welche Bedeutung hier dem Fährverkehr zukommt. Da verwundert es nicht, wenn die Schiffe zwischen den wichtigsten Stadtteilen zu Preisen ab dem eingangs erwähnten Fahrpreis von 60 Pfennigen alle 20 Minuten zwischen Europa und Asien verkehren. Und da kann man sich gut vorstellen, dass in der Stadt gar nichts mehr geht, wenn vier- bis fünfmal pro Jahr der Nebel den Schiffsverkehr lahm legt. Eine Fahrt in den asiatischen Teil lohnt sich übrigens nicht nur, um einmal in Asien gewesen zu sein. Hier findet man nicht nur ebenso attraktive Moscheen, sondern auch ein Stück mehr Ursprünglichkeit als in touristisch überlaufenen Passagen des europäischen Teils.

 

Thomas BECKER

geschrieben 1997, überarbeitet 1999

Alle Rechte beim Autor, zwischenzeitliche Änderungen möglich

 

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